In alten Fastenopfer-Unterlagen stiess ich auf folgende Geschichte:
Einst kam ein Mensch zu einem Mönch und bat: «Ich möchte Gott finden und weiss nicht wie.» Der Mönch antwortete ihm: «Das ist nicht schwer. Liebst du Gott?» Der Mensch schüttelte den Kopf: «Gott lieben… das kann ich eigentlich nicht behaupten.»
Wieder überlegte der Mensch eine Weile und erklärte dann: «Manchmal spüre ich die Sehnsucht, aber meistens habe ich so viel zu tun, dass diese Sehnsucht im Alltag untergeht.»
Der Mönch liess nicht locker: «Wenn du die Sehnsucht, Gott zu lieben, nicht so deutlich spürst, hast du dann Sehnsucht, diese Sehnsucht zu haben, Gott zu lieben?» Da hellte sich das Gesicht des Menschen auf und er sagte: «Genau das habe ich.» Da strahlte der Mönch: «Das genügt. Du bist auf dem Weg!.» Die Fastenzeit als Vorbereitungszeit auf Ostern lädt uns ein, langsamer zu werden, uns Zeit zu nehmen. Einige verzichten in diesen Wochen auf Kaffee oder Süssigkeiten, andere beschränken ihre Zeit, in der sie am
Computer oder mit dem Handy verbringen. Dabei ist aber nicht das Fasten selber das Ziel. Es soll vielmehr Raum und Stille geschaffen werden, in der wir unsere tiefsten Sehnsüchte wahrnehmen. Denn wie es die jüdische Lyrikerin und Nopelpreisträgerin Nelly Sachs so treffend formulierte:
«Alles beginnt mit der Sehnsucht,
immer ist im Herzen Raum für mehr,
für Schöneres, für Grösseres.
Das ist des Menschen Grösse und Not:
Sehnsucht nach Stille,
nach Freundschaft und Liebe.
Und wo Sehnsucht sich erfüllt,
dort bricht sie noch stärker auf.
Fing nicht auch Deine Menschwerdung,
Gott,
mit dieser Sehnsucht
nach dem Menschen an?
So lass nun unsere Sehnsucht
damit anfangen,
Dich zu suchen,
und lass sie damit enden,
Dich gefunden zu haben.»
Daniel Meier